Der Opel-Mutterkonzern PSA trotzt der Corona-Krise. Der Hersteller schreibt Gewinne, obwohl er im ersten Halbjahr 2020 fast um die Hälfte weniger Autos verkauft hat als ein Jahr zuvor. Der französische Konzern verbucht für das erste Halbjahr einen Betriebsgewinn in Höhe von 517 Millionen Euro, 110 Millionen Euro davon hat Opel beigesteuert. Das entspricht einem Gewinnrückgang von 85 Prozent - gilt angesichts der heftigen Krise, die besonders die PSA-Kernmärkte Frankreich und Südeuropa trifft, aber als solides Ergebnis. Der Hersteller mit den Hauptmarken Peugeot und Citroën schlägt sich den Umständen entsprechend gut.
Und: Für die nächsten Monate zeigt sich Konzernchef Carlos Tavares optimistisch. Das Schlimmste sei durchgestanden, "wir glauben, dass der Aufschwung im Rest dieses Jahres gut wird", sagte er bei der Vorstellung der Sechsmonatsbilanz. Er erwarte die Rückkehr "zu einem vernünftigen Produktionsniveau". Die PSA-Aktie reagierte am Dienstag mit deutlichen Zugewinnen auf die positiven Nachrichten.
Für Tavares zahlt sich jetzt aus, dass er selbst in guten Zeiten die Kosten stark gesenkt hat. Auf diese Weise hat er auch die Gewinnschwelle herabgesetzt. PSA muss damit immer weniger Autos verkaufen, um profitabel zu bleiben. Mit den - relativ - guten Halbjahreszahlen setzt das Unternehmen en passant andere Massenhersteller unter Druck, die ihre Zwischenbilanzen erst in den nächsten Tagen präsentieren, etwa den größeren Rivalen Volkswagen oder den Fiat-Chrysler-Konzern. Mit dem wiederum will PSA Anfang nächsten Jahres zum drittgrößten Autokonzern der Welt verschmelzen. Das Konglomerat, das Stellantis heißen wird, soll von Tavares geführt werden; mit Blick auf das künftige französisch-italienische Machtgefüge stärkt ihn die robuste Verfassung von PSA im Vorfeld. Tavares zeigte sich am Dienstag auch stolz, in der Corona-Krise weder die Verschuldung gesteigert, noch auf Staatsgarantien zurückgegriffen zu haben - anders als der heimische Rivale Renault.
Bei der deutschen Konzerntochter Opel zeichnen sich Einschnitte bei den Betriebsrenten ab
Die solide PSA-Bilanz erklärt sich teils dadurch, dass der Hersteller selbst in der Krise hohe Rabatte auf seine Fahrzeuge ablehnt. Dafür nimmt Tavares in Kauf, dass der Marktanteil in Europa binnen eines Jahres deutlich gesunken ist, von 17,4 auf 16,1 Prozent. Sein Ziel sei allerdings, beides zu tun, so Tavares: sowohl den Gewinn als auch den Marktanteil zu steigern.
Besonders Opel durchlebe "schwierige Zeiten mit Blick auf den Marktanteil", gestand der Konzernchef ein. Obwohl sich die neue Version des Kompaktmodells Corsa gut verkaufe, gleiche das Schwächen in anderen Segmenten nicht aus. Der deutschen Konzerntochter, die seit der Übernahme durch PSA 2017 mittels harter Einschnitte saniert wurde, steht eine neue Sparrunde bevor: Markenchef Michael Lohscheller kündigte an, er wolle die "Transformation beschleunigen". Gekürzt werden soll offensichtlich bei der Altersversorgung der Opelaner. Lohscheller verlangte eine "zeitgemäße Anpassung der Betriebsrenten". Gleichzeitig investiert PSA bei Opel: Tavares bestätigte, dass er im Rahmen eines von den Regierungen in Berlin und Paris subventionierten Projekts eine Batteriefertigung für E-Autos in Deutschland plane.
Höchste Priorität hat für ihn aber erst einmal die Fusion mit Fiat Chrysler, für die in den Konzernen etwa 500 Mitarbeiter abgestellt sind. Um den geplanten Zusammenschluss abzusichern, signalisiert Tavares Zugeständnisse an die Kartellwächter: Er sei "offen" für Beanstandungen der EU-Kommission, sagte er. Wenngleich er keine Gefahr für den Wettbewerb infolge des Zusammenschlusses erkennen mag.
Die EU-Kommission hatte im Juni eine vertiefte Prüfung der Fusion von PSA und Fiat Chrysler eingeleitet. Es geht ihr vor allem um das Geschäft mit leichten und mittelgroßen Lieferwagen: Hier halten die beiden Hersteller in Europa gemeinsam einen Marktanteil von etwa 25 Prozent. Die Brüsseler Behörde fürchtet, die starke Stellung des neuen Herstellers in diesem Segment könne zulasten der Kunden gehen. "Falls wir irgendetwas lösen müssen, werden wir es lösen", sagte Tavares.
Hinter dem Zusammenschluss steht die Idee, die Krisenresistenz von PSA weiter zu steigern: Es entsteht ein Konzern, der auch in den USA stark vertreten ist - das senke Risiken, so Tavares. Vor allem aber wollen die Unternehmen Geld sparen, mindestens 3,7 Milliarden Euro jährlich. Damit soll, so die Fusionslogik, die äußerst kostspielige Umstellung auf schadstoffarme Antriebe finanziert werden.
July 28, 2020 at 11:52PM
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Den Umständen entsprechend: gut - Süddeutsche Zeitung
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