In den Bergen an der deutsch-österreichischen Grenze hat Thomas Kaufmann Ende August beim Wandern neue Energie getankt. „Ich hatte dort keinen Empfang, ich war ohne Handy unterwegs – das war auch mal schön“, erzählt er und lacht.
Seit 2017 ist Kaufmann, der im März die Stichwahl gewonnen hat und seit Mai Bürgermeister von Immenreuth ist, „mehr oder weniger alleine“. Denn drei Jahre war er Kämmerer und zugleich Geschäftsleiter der Kommune. Hinzu kam, dass sein Amtsvorgänger Heinz Lorenz wegen Betrugs vor Gericht stand und seit 2017 krankgeschrieben war.
Kaufmann will nicht zu viel in der Vergangenheit bohren. „Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut“, sagt er. Auch im Hinblick auf das Ansehen der Gemeinde, das unter Lorenz‘ Betrug und dessen Folgen schwer gelitten hat. Das bekommt der neue Rathauschef auch bei Bürgerversammlungen zu hören. Viele Leute würden sagen „Schaut doch mal, wie unsere Gemeinde dasteht, es muss wieder besser werden“. Der Tenor laute, Immenreuth wieder positiv erscheinen zu lassen. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Kaufmann.
Er und seine beiden Stellvertreter Josef Hecht (Zweiter Bürgermeister) und Eberhard Besold (Dritter Bürgermeister) seien ein eingespieltes Team, „wir haben uns alles gut aufgeteilt“. In das Lob nimmt er auch seine Beschäftigten der Gemeinde mit auf, die ihn an seinem ersten Tag als Rathauschef mit einem Geschenk überrascht haben.
Bewegung und frische Luft
Noch ist Kaufmann, der in Speinshart wohnt, nicht in sein Bürgermeister-Büro umgezogen. Das wird aber bald geschehen: Ab 1. Oktober bekommt er Unterstützung, da tritt ein neuer Kämmerer seine Nachfolge an und Kaufmann kann sich noch mehr auf seine Aufgaben als Gemeindechef konzentrieren.
Dann hat er vielleicht auch wieder mehr Zeit für seine Hobbys – denn die „Freizeit ist momentan relativ dünn“. An den Wochenenden versucht er, für mindestens einen Tag „einmal gar nichts zu tun“. Ansonsten kann es schon sein, „dass man mich um 22 Uhr oder sogar später mit der Stirnlampe beim Joggen oder beim Fahrradfahren sieht“, sagt er und lacht dabei. Früher habe er noch mehr Sport gemacht, den will er jetzt auch wieder intensiver betreiben.
Es kann schon sein, dass man mich um 22 Uhr oder sogar später mit der Stirnlampe beim Joggen oder beim Fahrradfahren sieht.
Ausgleich findet er auch an seinem Fischweiher bei Kirchenthumbach, den er sich mit zwei Freunden teilt. „Da ist es schön ruhig, man kann da schön sitzen und angeln. Das ist ein reines Hobby, hier kann ich Ruhe finden und wegkommen aus dem Trubel.“
Unterwegs ist Kaufmann auch mit seinem alten Golf-Cabrio, hilft seinem Bruder in der Landwirtschaft oder ist beim Holzspalten anzutreffen. Der Rathauschef schwört als Ausgleich zu seinem Bürojob auf körperliche Bewegung und frische Luft.
Von Mai bis Juli hat der Rathauschef schon acht Sitzungen abgehalten. „Wir haben 50 Prozent neue Räte im Gremium, die wollte ich alle einbinden und auf den gleichen Stand bringen. Ich habe ihnen die Themen vorgestellt.“ Das zog viele Sitzungsvor- und -nachbereitungen mit sich. Weil Kaufmann schon seit 2014 in der Immenreuther Verwaltung arbeitet, hat er bei vielen Punkten Einblick und Wissen.
Während seines etwa zwölfminütigen Arbeitswegs von Speinshart nach Immenreuth macht er sich oft Gedanken, was er an diesem Tag zu erledigen hat. Oder etwa zur Rathaussanierung oder zu Überlegungen seitens der Gemeinde, sich der Verwaltungsgemeinschaft Kemnath anzuschließen. In einem gemeinsamen Beschluss hätten sich die Räte aber dagegen entschieden. „Wir wollen selbstständig bleiben“, fasst der 43-Jährige zusammen. Im Mittelpunkt stehen weiter die Rathaussanierung mit Kauf des Sparkassengebäudes, Straßensanierungen oder der Glasfaserausbau der Schule.
Gute Zusammenarbeit
Dass Immenreuth eine Vereinsgemeinde ist, habe sich in der Coronakrise gezeigt. Kaufmann ist froh darüber, dass der Ort von der Pandemie größtenteils verschont geblieben sei. Die Verwaltung wurde geschlossen, Masken wurden verteilt. „Im Kemnather Land war die Zusammenarbeit mit den alten und neuen Bürgermeistern sehr angenehm“, sagt Kaufmann. „Wir haben alle Hilfestellungen geboten, die eine Gemeinde bieten kann.“
Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut.
Schade sei an der derzeitigen Situation auch, dass er als Bürgermeister eingeschränkt ist: „Ich kann mich leider nicht persönlich auf den Weg machen und mich mit der Wirtschaft und den Unternehmen bekannt machen“, bedauert er. Ferner fielen Geburtstagsglückwünsche für ältere Bürger weg. Das und die angesagten Feste „fehlen natürlich in der Gemeinde“. „Gerade in einer Gemeinde, die so aktiv ist, ist es schade und schwierig.“ Und: „Ich hoffe, dass es bald besser wird.“
Nach Feierabend macht sich der Speinsharter meist gleich auf, um vom stressigen Arbeitsalltag Abstand zu gewinnen. „Ich komme heim, ziehe mich um und dann geht‘s gleich weiter“, erklärt der 43-Jährige und lacht dazu. „Ich bin ja alleinstehend, das macht es vielleicht ein bisschen leichter, das alles zu machen.“ In seinem Freisitz in seinem Garten kann er lesen, Radio hören und die Ruhe genießen. „Noch gelingt es mir, die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen“, sagt er lachend.
Info:
Hintergrund
Das steht 2020 in der Gemeinde noch an:
- Abschluss der Erschließung des Baugebiets Steinäcker, Bauabschnitt II
- Abschluss des aktuellen Bauabschnitts bei der Friedhofsanierung
- Erschließung der Grundschule mit Glasfaser
- Fortsetzung der Dorferneuerungsmaßnahme Entlastungsparkplatz Ortsmitte mit Mehrzwecklagerhalle
- Start der Straßensanierung Plößberg-Günzlas
- Start der Umnutzung des Sparkassengebäudes zum Rathaus
August 30, 2020 at 07:22PM
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Gut 100 Tage im Amt: Bürgermeister Thomas Kaufmann will Vergangenheit ruhen lassen - Onetz.de
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gut
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