Tuesday, September 8, 2020

„Das unterhält mich sehr gut“ - Süddeutsche Zeitung

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Malte Völz ist 26 Jahre alt und nennt sich selbst "studierter Social-Media-Chirurg", auch wenn er eigentlich für Politikwissenschaften eingeschrieben ist. In seinem Format Vorsicht, Völz! Die einzig wahre Insta-Show befasst er sich mit Instagram-Storys von Politikerinnen, Influencern, Prominenten und Musikerinnen. Er kommentiert deren Foto- und Videobeiträge - auf Instagram natürlich. Völz' Format ist auf dem Kanal des Radiosenders 1Live zu sehen, der zum WDR gehört. Völz benutzt Material von anderen, demontiert es und stellt es in einen neuen, komischen Zusammenhang. Ein bisschen wie bei TV Total damals, gefüttert mit Inhalten aus Illustrierten und Boulevardzeitungen, nur eben auf Instagram.

SZ: Was war die beste Instagram-Story, die Sie je gesehen haben?

Malte Völz: Ich liebe im Moment das, was Jan Hofer macht. Der hat die Reface-App für sich entdeckt und stellt dann immer lustige Fragen dazu, die nicht so richtig passen.

Er montiert also mithilfe der App sein Gesicht in Bilder von anderen Personen.

Heute morgen zum Beispiel hat er ein Video von sich als David Hasselhoff gepostet und darunter gefragt, wem sonst noch zu heiß ist. Das ist ja ein älterer Herr, der bei der Tagesschau eigentlich als sehr seriös wahrgenommen wird. Das unterhält mich sehr gut.

Mittlerweile tritt Jan Hofer ja auch bei Ihnen auf. Wer macht denn die schlimmsten Beiträge auf Instagram?

Der Account von Vera Int-Veen ist mir zu viel. Die macht alles so interviewmäßig, aber mit sich selbst. Ihre Frau fragt sie, was sie grade macht, und sie antwortet: "Ja, ich pflücke grade Tomaten." Acht Storys, in denen sie Tomaten pflückt. Teilweise schau' ich das zum Einschlafen.

Ihr eigenes Format erinnert stark an die Shows von Stefan Raab oder Oliver Kalkofe. Viel glotzen, ein paar Effekte darüber und fertig ist die Show, nur eben jetzt auf Instagram statt im Fernsehen. Klingt ein bisschen abgeschaut.

Nö, das würde ich nicht sagen. Man muss sich überlegen, mit welcher Haltung man da rangeht. Dafür braucht jeder Moderator einen eigenen Dreh. Dann muss das Ganze auch noch lustig aufbereitet werden. Wenn die Storys an sich schon lustig genug wären, dann könnte ich die ja einfach unkommentiert zeigen. Ich mache aber keine Top-10-Show, sondern eine Satiresendung.

Warum machen Sie das Format?

Weil ich finde, dass Instagram auch eine Show verdient hat, die sich um die Inhalte kümmert, die auf der Plattform passieren. Also eine Show auf Insta über Insta.

Sie kommentieren dabei die Storys des CDU-Politikers Philipp Amthor genauso wie die des Moderators und Models Riccardo Simonetti. Ist es nicht willkürlich, die gleichwertig zu betrachten?

Wenn man das unter einer Humorbrille betrachtet, fragt man sich einfach, wo die Gags liegen. Und da kann ein CDU-Politiker ebenso dienen wie ein RTL-2-Promi.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Instagram-Kanälen von CDU-Politikern und RTL-2-Promis?

Manche Politiker haben schon Promi-Status auf Instagram. Wenn Philipp Amthor nicht im Bundestag säße, dann würde er locker 'ne Haarkur empfehlen, er hat ja fast 100 000 Follower. Andere versuchen gerade mit bunten, herausstechenden Überschriften oder auch mal Sprüchen oder Zitaten, ihren Feed ansprechender zu gestalten. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen zum Beispiel. Damit arbeiten auch Promis. Vor allem welche, die ihre Follower motivieren wollen. Der Sänger und Moderator Daniel Aminati zum Beispiel.

Als Haltung scheint so durch: "Schaut mal, wie blöd Influencer sind". Viele von ihnen erreichen Millionen Menschen, sollte man sie dann nicht ernst nehmen?

Generell kann man erstmal jede und jeden ernst nehmen. Wenn aber jemand mit Tausenden Followern Fake News oder Verschwörungstheorien verbreitet, dann sollte man den Leuten schon zeigen, dass das nicht geil ist. Dass diese Infos auf dem Account nicht ernst zu nehmen sind. Ich gehe ja auch weniger auf die "Kauft alle meinen neuen Lappen aus Eierschale"-Influencer ein. Es passiert viel mehr auf Instagram. Ich finde skurrile Geschichten, Storys oder Accounts viel interessanter! Der vom Umweltministerium des Saarlandes ist zum Beispiel einer davon.

Sie machen sich über die Storys lustig - und damit auch über die Menschen, die sie anschauen. Ist das nicht etwas heuchlerisch, Sie sind ja selbst Konsument?

Das kann man so sehen. Ich finde, das ist Humor. Wenn ich in meiner Show Storys zeige und danach frage, "Warum schaut man sich sowas eigentlich an?" - dann meine ich damit auch mich selber und mache mich dementsprechend auch über mich selbst lustig. Ich glaube, meine Zuschauerinnen und Zuschauer können das reflektieren.

Am Ende bekommen die Produzentinnen und Produzenten Klicks - egal, ob man ironisch schaut oder ernsthaft.

Ja, und meine Zuschauerinnen und Zuschauer Unterhaltung. Da haben alle was gewonnen.

Was macht es mit Ihnen, den ganzen Tag auf Instagram zu verbringen?

Ich bin weniger unter Leuten, hab ja aber meine Freunde im Internet. Und ich denke in Snip-its, also in Story-Länge und rede manchmal auch so. Gerade merke ich auch im Interview, dass ich meine Antworten sehr kurz halte und versuche, Pointen einzubauen.




September 08, 2020 at 11:53PM
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